Eine Nachricht von Dr. Hemal H. Patel

„Als Erwachsener, der sich viel mit Wissenschaft beschäftigt, habe ich sehr oft über die alte Frage von „Natur vs. Kultur“ nachgedacht.“ – Dr. Hemal H. Patel


Veröffentlicht am 31. Juli, 2021 

Hallo zusammen,
Ich möchte euch an dieser Stelle mit meinem lieben Freund und Kollegen Dr. Hemal Patel bekanntmachen, Professor und stellvertretender Vorsitzender der Forschungsabteilung der Fakultät für Anästhesiologie der University of California, San Diego. Ich dachte mir, er würde euch gerne erzählen, wie es mit den Forschungsarbeiten aussieht, die wir über euch alle betreiben! Also darf ich vorstellen: Dr. Hemal.

Hallo Genies,
Es war ein wunderbares, verrücktes, stressiges, kreatives Jahr, das zum Nachdenken anregte und uns zu Anpassungen zwang, und es war ein Zoomie-Jahr. Ich war von all diesen und weiteren Aspekten betroffen, und ihr bestimmt auch. Wenn ich so über das Jahr nachdenke, hat insbesondere ein Aspekt mein Leben verändert: mein Engagement in Dr Joes Gemeinschaft – zunächst als wissbegieriger Forscher, der herausfinden wollte, ob es tatsächlich eine wissenschaftliche Erklärung für all die erstaunlichen Transformationsgeschichten gibt, von denen ich gehört hatte – und seit kurzem auch als jemand, der sich beim einwöchigen Advanced Retreat in Orlando schließlich auf das Meditieren eingelassen hat. Die Ergebnisse unserer molekularen und biochemischen Forschungsarbeit aus dem vergangenen Jahr sind schlichtweg unglaublich – für einen Skeptiker so gut wie unvorstellbar – aber sie beruhen tatsächlich auf hochkarätigen, neutralen Blindstudien.

In unseren gemeinsamen Gesprächen kamen Dr Joe und ich zu  dem Schluss, dass es wichtig wäre, die Gemeinschaft über die im Labor gemachten Entdeckungen zu informieren und aufzeigen, wie sich diese Erkenntnisse auswirken und in welche Richtung es mit zukünftigen Studien weitergeht. Ich möchte das in Form eines Briefes tun, denn diese verlorene Kunst der Kommunikation erzeugt eine gewisse Nähe und Vertrautheit, die, wie ich hoffe, zu jedem einzelnen von euch eine persönliche Verbindung aufbaut. Ich werde euch so etwa alle drei Monate solche aktuellen Informationen über unsere Forschungsarbeit liefern. Und los geht’s …

Als Erwachsener, der sich viel mit Wissenschaft beschäftigt, habe ich sehr oft über die alte Frage von „Natur vs. Kultur“ nachgedacht. Bei meinen Studien zur Genetik, Molekularbiologie und Zellbiologie bin ich schon früh mit dem „zentralen Dogma“ von Francis Crick (dem Entdecker der DNA) bekanntgemacht worden, der 1958 die These aufstellte, dass die DNA RNA produziert, und die RNA dann Proteine.

Proteine sind Moleküle und dafür zuständig, dass Dinge erledigt werden.

Proteine sind Moleküle und dafür zuständig, dass Dinge erledigt werden. Inzwischen wurde herausgefunden, dass zur Produktion von DNA und RNA Proteine benötigt werden; damit haben wir eine Henne-Ei-Problematik, doch wie diese Frage wissenschaftlich geklärt wurde, soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Schon damals konnte mein Gehirn anhand dieses sauber aufgesetzten Dogmas begreifen, dass unsere DNA eine äußerst wichtige Rolle dabei spielt, wer wir sind und was wir werden. Meine Hang zu allem, was mit Wissenschaft zu tun hat, hing mit meiner genetischen Veranlagung zusammen. Ich hatte von meinem Vater seine wunderbaren mathematischen Fähigkeiten geerbt; und meine Mutter verfolgte schon früh eine naturwissenschaftliche Karriere. Studien mit eineiigen Zwillingen haben aufgezeigt, dass die DNA (die Natur) zwar mit dazu beiträgt, wer wir sind; doch das äußere Umfeld (die Kultur) kann unter Umständen darauf einwirken, wer wir werden können. Daraus entstand das Konzept der Epigenetik, die erforscht, wie ein Organismus durch eine infolge des Verhaltens und der Umwelt angepasste Genexpression seine genetische Veranlagung verändern und das eventuell auch vererben kann. Inzwischen habe ich selbst sozusagen genetische Experimente veranstaltet; ich habe drei Kinder und sehe, wie meine eigenen Gene und die Gene meiner Frau sowie die Umwelt, die wir für unsere Kinder geschaffen haben, zusammenspielen und so ein einzigartiges Individuum erschaffen.

Wir wollen jetzt einmal über diese Konzepte nachsinnen und herausfinden, ob die von uns bislang erhobenen biochemischen/molekularen Daten die Vorstellung stützen, dass … die Erfahrung die Wirkung erzeugen kann. Zum Glück konnten wir noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie auf dem einwöchigen Advanced Retreat in Indian Wells im Februar 2020 Blutproben und physiologische Daten sammeln. Diese kostbaren Proben dienten meinem Labor als Fenster, das uns einen einzigartigen Blick darauf ermöglichte, wie die Blutumgebung (voller Metaboliten, Proteine und anderer Faktoren) durch Meditation verändert werden kann und uns eine biologische Signatur aufzeigt – einen molekularen Fingerabdruck der Auswirkungen der Meditation auf den Körper. Wir hatten drei Gruppen: Kontrollgruppe aus nicht meditierenden Probanden (n=3), Anfänger, die zum ersten Mal meditierten (n=14) und erfahrene Meditierende mit einer gut eingespielten Meditationspraxis (n=11).

Wir führten mit insgesamt 28 Probanden, die die ganze Woche mitmachten, Untersuchungen durch und nahmen Blutproben vor dem einwöchigen Retreat (Vorabproben) und danach (Nachproben). Für die initialen, neutralen Analysen wurden ausschließlich diese Vorab- und Nachproben dieser drei Gruppen verwendet.

Zunächst einmal schauten wir uns an, was überhaupt im Blut alles vorhanden war, um eine Orientierungshilfe für weitere, detailliertere Untersuchungen zu haben. Unsere Initialanalyse fokussierte sich auf extrazelluläre Partikel und Vesikel (EV); das sind ins Blut abgegebene Zellstücke, die man früher zunächst für Abfall ohne biologisches Potenzial hielt. Doch wie sich schließlich zeigte, enthalten sie Proteine, Lipide und Nukleinsäuren, die in Zellen, Geweben und Organen, die sich weit weg von den Quellen der EV-Ausschüttung befinden, Veränderungen bewirken könnten.

Durch einen Effekt im Gehirn werden EVs aus einer Gehirnzelle freigesetzt, welche in den Blutkreislauf gelangen und sich letztendlich auf Herz, Leber, Nieren und andere Organe auswirken können.

Durch einen Effekt im Gehirn werden EVs aus einer Gehirnzelle freigesetzt, welche in den Blutkreislauf gelangen und sich letztendlich auf Herz, Leber, Nieren und andere Organe auswirken können. Wie wir herausfanden, wiesen die EV-Profile im Blut nach der einwöchigen Meditationserfahrung bei den Anfängern und den erfahrenen Meditierenden Veränderungen auf. Derzeit versuchen wir herauszufinden, was das für Änderungen in den EVs – in Bezug auf Lipide, Proteine und Nukleinsäuren – sind, und gehen davon aus, dass uns das tiefere Erkenntnisse zu Faktoren liefert, die die positiven Auswirkungen der Meditation auf den Körper herbeiführen.

Diese ersten Erkenntnisse brachten uns dazu, die Blutumgebung näher zu erforschen; wir haben einen objektiven Blick auf fast 3000 Metaboliten geworfen (hauptsächlich Lipidmediatoren und biogene Amine) sowie ~650 spezifische Proteine, die ins Blut abgegeben werden. Es gibt Unmengen von Informationen zu berücksichtigen, doch wir haben angefangen, sie gezielt zu visualisieren und zu analysieren. Wir beobachten nach einer Woche Meditation bei den Anfängern dramatische Veränderungen bei Metaboliten und Proteinen; auch bei den erfahrenen Meditierenden sind signifikante, aber nicht ganz so belastbare Unterschiede festzustellen. Das ist ziemlich aufregend! Diese ersten Einblicke lassen darauf schließen, dass die biologische Signatur bei Meditationsanfängern, die auf dem einwöchigen Retreat eine lebensverändernde Erfahrung machen, dramatisch „explodiert“. Diese Signatur ähnelt schon bald der Signatur von dem, was erfahrene Meditierende im Alltag erleben. Aber etwas anderes ist noch beeindruckender: Bei einem Blick auf die proteomischen Daten von Meditationsanfängern, insbesondere die 26 wichtigsten Proteine, die sich beim Vergleich zwischen vorher und nachher bei den einzelnen Personen signifikant verändern… stellt sich heraus, dass sich bei jeder Person die Expression dieser Proteine in derselben Richtung verändert; die Gesamtkorrelation für all diese Proteine zusammen beträgt 77%. So etwas passiert nicht einfach willkürlich durch Zufallsereignisse. Stellt euch vor, wie viele verschiedene Menschen mit allen möglichen Hintergründen – Ethnizität, Geschlecht, häusliches Umfeld, Alter etc. – wir studiert haben. Sie kamen zusammen, brachten ihre Individualität und ihre Gene synchron in eine gemeinsame Erfahrung, eine gemeinsame Wirkung ein. Wenn das auf einem einwöchigen Retreat gemacht wird, dann, so zeigen unsere Daten auf, erzeugt die Erfahrung tatsächlich die Wirkung.

Nun, das ist ganz schön viel Stoff zum Nachdenken. Nehmt euch Zeit, diese Informationen zu verarbeiten und sie in einen Kontext zu stellen dahingehend, was das für euch und die Meditations-Gemeinschaft, deren Mitglieder ihr seid, bedeutet.

Wir verstehen inzwischen viel besser, wie Meditieren sich auf Virusinfektionen, insbesondere SARS-CoV-2, auswirkt.

 Damit möchte ich erst einmal abschließen. Ich freue mich schon darauf, euch in ein paar Monaten die nächsten Erkenntnissen mitzuteilen. Wir haben große Fortschritte gemacht und verstehen inzwischen viel besser, wie Meditieren sich auf Virusinfektionen, insbesondere SARS-CoV-2 (was die Covid-19 Erkrankung verursacht), auswirkt. Für diejenigen, die die ersten Daten gesehen haben, war das wirklich eine aufregende Sache. Und ich kann euch jetzt schon sagen, dass wir euch von noch viel aufregenderen Dinge berichten können, die wir unlängst entdeckt haben und die wir gerade einer Validierung unterziehen. Ich hoffe, beim nächsten Mal kann ich euch diese fesselnde Geschichte erzählen.

Danke dass ihr dieses Update lest. Danke für euer Engagement in dieser Gemeinschaft. Danke für eure großzügige Unterstützung und euer Interesse an dieser Forschungsarbeit. Es gibt noch viel zu erforschen, und ich stehe schon in den Startlöchern für die wunderbare Reise, die uns bevorsteht. Ich hoffe, auch ihr seid auf zukünftigen Veranstaltungen dabei; wir haben viele aufregende Untersuchungen und Studien geplant. Macht’s gut und macht weiter mit dem Meditieren, um zu eurem neuen Ich zu werden.

Viele Grüße
Hemal Patel