„Es erfordert eine enorme Menge an Energie und Mut, einen neuen Weg zu gehen. Wenn wir etwas Neues lernen, müssen wir diesem neuen Lernbereich beständig Zeit und Aufmerksamkeit widmen.“ - Dr Joe Dispenza
Mein Team und ich sind vor Kurzem von einer langen Reise zurückgekehrt. Wir haben 40 Tage lang Retreats in der Schweiz, in England, in Florida und in New York geleitet. Ich versuche, mir bei jeder Veranstaltung Zeit zu nehmen, um mich mit den Mitgliedern unserer Gemeinschaft zu treffen, und ich bin immer wieder beeindruckt von den Einsichten, Herausforderungen, Durchbrüchen und Fragen, die sich an verschiedenen Punkten ihrer Praxis ergeben.
Nach dieser besonders kraftvollen Zeit der Weiterentwicklung – sowohl was unsere Arbeit als auch was unsere Gemeinschaft angeht – möchte ich dir von einigen Beobachtungen über die Entscheidungen erzählen, denen wir alle auf den verschiedenen Stufen des Weges begegnen ... Stufen des Lernens und der Praxis, die ich als Novize, Initiierter, Meister und Virtuose bezeichne.
Der Novize: „Ich entscheide mich für etwas anderes.“
Für jemanden, der gerade erst mit der Arbeit beginnt, geht es in dieser Phase vor allem darum, Wissen und Informationen zu erwerben und zu verstehen. Als Neulinge bzw. „Novizen“ erlernen wir Inhalte. Wir prägen uns ihre Bedeutung ein, üben sie auf intellektueller, theoretischer und philosophischer Ebene ein – und versuchen, sie mit unserem denkenden Neocortex zu verstehen. Wir bauen eine neuronale Architektur auf und schaffen eine neue Infrastruktur in unserem Gehirn. Im Grunde genommen erschaffen wir einen neuen Geist.
Sich für etwas „anderes“ zu entscheiden, mag vage klingen, aber genau darum geht es. Sich auf den Weg eines Suchenden oder eines Mystikers zu machen bedeutet, dass wir mit einem Aspekt unseres Lebens – unserer selbst – konfrontiert sind, der nicht mehr funktioniert. Für manche, die zu dieser Arbeit kommen, ist es eine Krise: eine schlimme Diagnose, das Ende einer Beziehung, eine finanzielle Notlage. Für andere ist es vielleicht ein eher allgemeines Gefühl der Unzufriedenheit oder des Unbehagens. Nicht unbedingt ein Notfall, aber – eine Leere.
Was auch immer uns an den Punkt bringt, an dem wir uns für etwas anderes entscheiden – wir gelangen dorthin, weil wir endlich erkennen, dass wir mit der Entscheidung für das immer Gleiche – die gleichen Gedanken, die gleichen Gefühle, die gleichen Gewohnheiten und die gleichen emotionalen Reaktionen – einfach noch mehr von den gleichen Erfahrungen machen werden.
Sich für etwas anderes zu entscheiden, bedeutet, die Vergangenheit – das alte Ich – hinter sich zu lassen. Nur so können wir in den gegenwärtigen Moment gelangen – und uns die Möglichkeit geben, etwas Neues zu schaffen.
Es erfordert eine enorme Menge an Energie und Mut, einen neuen Weg zu gehen. Wenn wir etwas Neues lernen, müssen wir diesem neuen Lernbereich beständig Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Wir müssen das Gelernte in unser Gehirn einprägen, indem wir ständig abwägen, was wir wissen und was wir nicht wissen. Wir müssen das „Was“ und das „Warum“ verstehen, damit wir im Kopf einüben können, „wie“ wir das Gelernte anwenden werden.
In dieser frühen Phase des Lernens ist es wichtig, Geduld an den Tag zu legen. Wir sollten uns nicht mit Wut oder Frust unter Druck setzen. Ich sage meinen Student/innen in dieser Phase oft: „Du bist einfach noch nicht so gut darin.“ Damit will ich sie nicht entmutigen, ganz im Gegenteil! Wenn wir gerade erst am Anfang stehen, müssen wir uns eine Pause gönnen. Wir müssen die Erwartungen loslassen – und freundlich mit uns selbst umgehen.
All das ist Teil der Philosophie und Theorie. In der Phase des Novizen installieren wir die Hardware in unserem Gehirn ... damit wir bereit sind, von der Theorie zur Praxis überzugehen, wenn wir so weit sind. Dann ist es an der Zeit, unseren Körper einzubeziehen – und etwas Neues zu beginnen.
Der Initiierte: „Ich entscheide mich für Weiterentwicklung.“
Wenn wir unsere ganze Zeit damit verbringen, etwas Neues zu lernen und darüber zu reden, aber nie etwas tun, dann kommen wir nie über das Leben eines Novizen oder Philosophen hinaus. Wir müssen mit den Informationen, die wir erworben haben, etwas initiieren, also in die Wege leiten und sie in die Tat umsetzen. Und wir müssen Körper und Geist bei der praktischen Anwendung des Wissens in Einklang bringen – um dem Kreieren einer neuen Erfahrung näher zu kommen.
In dieser Phase entscheiden wir uns bewusst dafür, uns weiterzuentwickeln, indem wir eine neue Entscheidung treffen. Wir nehmen die neuen neuronalen Netze, die wir in unserem Gehirn fest verankert haben, her und üben uns darin, damit etwas damit zu tun. Und wir üben. Und üben noch mehr. Diese Phase des Lernens und Erschaffens erfordert ständiges Üben (sowohl geistig als auch körperlich) – und ständiges Wiederholen.
Und das braucht Zeit – und eine Menge Aufmerksamkeit und Energie. Seien wir ehrlich: Wir werden Fehler machen. Und dann müssen wir zurückgehen, das verlernen, was uns vom Weg abgebracht hat ... und die neuen Ideen und Verhaltensweisen, die wir üben, erneut lernen. Das erfordert Geduld und ein enormes Maß an Bewusstheit – damit wir nicht emotional reagieren. Außerdem müssen wir unser ständig analysierendes und zu viel denkendes Gehirn beherrschen.
Als Eingeweihte bzw. Initiierte müssen wir bewusst bleiben. Wir müssen uns zügeln, damit wir nicht in unsere alten Programmierungen zurückfallen. Wir müssen mit offenen Augen üben, damit wir das neue Verhalten tatsächlich umsetzen können. Wir machen weiter. Wir lernen immer wieder aus unseren Fehlern. Wir korrigieren uns ständig selbst. Und wir werden immer besser im Tun.
Wenn wir eine Erfahrung kreiert haben, reichern sich die Schaltkreise im Gehirn an – und aus dieser Erfahrung entsteht eine Emotion, welche den Körper anweist, auf chemischer Ebene zu verstehen, was der Verstand bzw. Geist intellektuell verstanden hat. Gleichzeitig erweitern neuronale Netzwerke durch die Erfahrung den philosophischen Geist. Jetzt werden die Informationen dem Geist noch stärker eingeprägt – und im Körper konditioniert.
Wenn wir das Wissen, das wir als Novizen bzw. Neulinge erworben haben, als Eingeweihte anwenden, sagen wir uns: „Kann ich das besser? Kann ich das besser machen? Kann ich mich weiterentwickeln und meine Erfahrung bereichern? Kann ich meine Erfahrung perfektionieren? Kann ich einmal ein Ergebnis erzielen? Und wenn ich es einmal tun kann, kann ich es dann immer wieder tun?“
Wenn wir uns entsprechend Zeit genommen haben und gut darin geworden sind, etwas zu kreieren – und erneut zu kreieren – sind wir bereit für die nächste Stufe: die Meisterschaft. Darum geht es in Teil II.