Entscheidungspunkte auf dem Weg - Teil 2
„Die großen Meister und Virtuosen der Geschichte begannen ihre Reise alle als Novizen und Initiierte. Sie vertieften sich einfach in die Frage ‚Gibt es noch mehr?‘“ - Dr Joe Dispenza
In meinem letzten Beitrag ging es um die jüngsten Gespräche mit Mitgliedern unserer Gemeinschaft – und über die Einsichten, Herausforderungen, Durchbrüche und Fragen, denen wir alle in den verschiedenen Phasen unseres Lernens und unserer Praxis begegnen.
Falls du Teil I verpasst hast, in dem ich über die Stufen des „Novizen“ („Ich entscheide mich für etwas anderes“) und des „Initiierten“ („Ich entscheide mich für Weiterentwicklung“) gesprochen habe, kannst du ihn hier nachlesen.
Ich bin in diesem Beitrag bis zu dem Punkt gekommen, an dem wir in unserer Praxis so kompetent geworden sind, dass wir neue Erfahrungen kreieren können, so gut, dass wir Ergebnisse erzielen. Und wenn wir das einmal geschafft haben, können wir es logischerweise immer wieder tun… und uns so zu einem „Meister“ weiterentwickeln.
Der Meister: „Ich entscheide mich für Exzellenz."
Wenn wir etwas gemeistert haben, bedeutet das, dass wir es nicht nur gelegentlich ein-, zwei- oder dreimal tun können, sondern dass wir dieses Ergebnis immer wieder erreichen können. Es gelingt uns auf ganz natürliche Weise – und ganz automatisch. Und es sieht ganz einfach und leicht aus. Wir kreieren auf unsere ganz individuelle Weise - immer wieder.
In diesem Stadium ist die Rückmeldung aus dem, was wir tun – das Ergebnis unseres Verhaltens – in der Regel feiner, gezielter, direkter und spezifischer ausgebildet. . Es ist einfacher, Ergebnisse zu erzielen – mit weniger Zeit- und Energieaufwand.
Das gelingt uns durch Üben. Durch wiederholte Erfahrung können wir Geist und Körper auf neurochemischer Ebene (neurologisch: Erfahrung bereichert die Schaltkreise im Gehirn; chemisch: Emotionen sind das Endprodukt von Erfahrung) darauf konditionieren, zusammenzuarbeiten – bis der Körper besser weiß, wie es geht, als der bewusste Geist.
Das ist Meisterschaft: im Wesentlichen ein bestimmtes Ergebnis so oft zu kreieren, dass wir zum Wissen geworden sind.
Wenn wir das erst einmal gelernt haben und es so oft tun können, dass wir unter allen Umständen, in jeder Situation, ein beständiges Ergebnis erzielen, dann wird es vorhersehbar. Es ist jetzt so vertraut – so tief in unserem Geist und Körper verankert, dass es zu etwas Unterbewusstem geworden ist. Jetzt können wir ein Ergebnis auf Kommando erzeugen. Das ist Exzellenz.
Lange Zeit glaubte man, dass Meisterschaft der Gipfel sei, das Maximum, das man in einem Beruf oder mit einer Tätigkeit erreichen kann. Aber ein wahrer Meister bzw. eine wahre Meisterin, der/die sich für Exzellenz entscheidet, gibt sich nicht damit zufrieden, an diesem Punkt stehen zu bleiben. Der wahre Meister, der in einem Zustand des Staunens lebt, fragt: „Was kommt als Nächstes?“
Der Virtuose: „Ich entscheide mich für die Herausforderung.“
Wenn Meisterschaft bedeutet, dass man ein Ergebnis auf natürliche Weise reproduzieren kann, dann bedeutet Virtuosität, dass man in der Lage ist, die schwierigsten Bedingungen, die unvorhersehbarsten Situationen und die hoffnungslosesten Umstände zu meistern ... und all das Wissen, die Erfahrung und die Ressourcen zu nutzen, die wir uns angeeignet haben, um ein noch größeres – und unerwartetes – Ergebnis zu kreieren, als wir es uns ursprünglich vorgestellt haben.
Als Meister können wir eine Fertigkeit so gut ausführen, dass das Ergebnis vorhersehbar ist. Aber als Virtuosen lassen wir eine gewisse Unsicherheit mit einfließen – wir können also nicht vorhersagen, was als Nächstes passieren wird.
Der beste Weg, das zu erreichen, besteht darin, das System zu destabilisieren – eine geistige Verfassung zu kreieren, in der über die Sinne so viele scheinbar chaotische Störungen wahrgenommen werden, dass die meisten Menschen aus der Balance geraten würden. Aber für den Virtuosen bzw. die Virtuosin erscheint etwas Neues an diesem Ort des Unbekannten. In diesem Moment kann Unglaubliches geleistet werden.
Wenn wir uns in dieser erhabenen, kreativen Verfassung befinden, blühen wir im Unbekannten auf. Wir agieren im Reich des Unvorhersehbaren. Wir stimmen uns auf Gnade und reine Präsenz ein. Wir sind cool und gelassen. Wir sind entspannt und wach. Wir sind voll und ganz auf den Moment fokussiert und präsent – als ob die Zeit stillsteht – und unbeeindruckt von allem, was um uns herum geschieht.
Virtuosinnen und Virtuosen verlangt es nach dem Unbekannten. Und in diesem frischen, neuen Moment des Unbekannten sind wir in der Lage, uns ein neues Ergebnis vorzustellen – und es in aller Ruhe ins Leben zu rufen. Wir überschreiten das Stadium, in dem wir Ergebnisse so oft wiederholen, dass sie etwas Alltägliches sind ... und begeben uns in eine Verfassung reinen Improvisierens, in einen Zustand grenzenloser Kreativität.
Diese Gelassenheit und Könnerschaft machen wahre Virtuosen und Virtuosinnen – Spitzensportler, berühmte Musiker, große Künstler – so beeindruckend. Wenn wir jemanden in einem solchen Flow erleben, raubt uns das den Atem. Wir können nicht vorhersehen, welchen Ausgang ihre Situation nimmt – egal wie fremd, widrig oder instabil sie auch sein mag – denn hier erleben wir, wie Wunder und Neugierde sich entfalten.
Wir sind Zeuge, wie jemand auf dem Höhepunkt seiner Kräfte aus dem Moment heraus etwas kreiert. Mit anderen Worten: Der Virtuose weiß nicht wirklich, was er tun wird. Er improvisiert eine Lösung in Echtzeit – und die Lösung ist fantastischer als alles, was wir uns vorher vorstellen konnten.
Um unsere Praxis auf dieses Niveau von Können, Kreativität und Expertise zu bringen, müssen wir uns bereitwillig in Situationen begeben, die andere vielleicht nie wählen würden. Wir müssen uns selbst herausfordern, um herauszufinden, was von den Ressourcen, die wir auf Lager haben, dazu führen kann, dass unsere Gehirnschaltkreise auf neue Weise funktionieren. Wir müssen ein anderes Potenzial sehen, das sich niemand sonst vorstellen kann.
Wir müssen das Unbekannte umwerben – damit wir unsere Intuition und Kreativität dazu nutzen können, unsere Erfahrungen weiterzuentwickeln.
Der Könner-Geist ist die ultimative Form der Neuroplastizität. In diesem Zustand, mit einem hohen Maß an zielstrebigem Fokus, können wir unser Gehirn nahtlos dazu bringen, neue Sequenzen, Muster und Kombinationen zu aktivieren und zu vernetzen – ohne zu zögern.
Neue Wahlmöglichkeiten. Neue Herausforderungen.
In Wahrheit werden wir immer wieder vor solche Entscheidungspunkte gestellt, egal auf welcher Stufe wir uns befinden – Novize, Initiierter, Meister oder Virtuose – um uns weiterzuentwickeln. Wir müssen uns immer bewusst und mit Intention dafür entscheiden, etwas anderes zu wählen. Weiterentwicklung zu wählen. Exzellenz zu wählen. Die Herausforderung zu wählen ... von einer neuen Ebene des Geistes aus.
Auf jeder Stufe des Weges werden wir dem Sog unseres alten Ichs ausgesetzt sein, unseren alten Mustern aus der Vergangenheit. Wir werden mit dem Wunsch nach Selbstzufriedenheit und Wohlbehagen konfrontiert – oder damit, uns mit „gut genug“ zufrieden zu geben. Wir werden mit der Neigung konfrontiert, uns vom Schwierigen und Unbekannten abzuwenden; mit dem gewohnten, unbewussten Drang, das Vorhersehbare und Vertraute zu wählen.
Aber wenn unser Weg als erwachte Seele darin besteht, unsere Erfahrungen immer weiterzuentwickeln zu wollen, dann werden wir stärker, fokussierter und disziplinierter, je weiter wir in unserer Praxis voranschreiten. Wir streben mehr nach Wachstum und Selbsterkenntnis. Und wir werden feststellen, dass manche der alten Kämpfe einfach nicht mehr so interessant sind wie früher. Viel interessanter ist es dann, neue Herausforderungen zu wählen – und die geheimnisvollen Geschenke zu erforschen, die sie mit sich bringen.
Die großen Meister und Virtuosen der Geschichte begannen ihre Reise alle als Novizen und Initiierte. Sie vertieften sich einfach in die Frage „Gibt es noch mehr?“
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